meine kriminelle energie

Ja gut, ich schaue immer noch den „Tatort“-Krimi. Seit ca. 35 Jahren. Den auch ich brauche etwas, das meinen Sonntagsglauben abends sinnvoll manifestiert. Das mir selber immer rätselhaft werdende Vergnügen ist aber irgendwie so, weiss nicht so…mal so, mal so… Und da bin ich ja nicht allein. Oft sind es 10 Millionen, die da zuschauen. Immer wieder Sonntags. Die Plots widerspiegeln unsere Gesellschaft, mal solche, mal solche…ist wohl so wie bei all den Covid-Impfsorten– etwas unübersichtlich. Fast wie so eine fanatisch flexible Funktionsjacke.

Ich hab’ auch Kollegen, die Tatort Krimis schrieben, mal gute, mal schlechte…Hab’ mich dann auch noch versucht, mit mässigem Erfolg. Bei mir war’s vielleicht das schreibgeile Äquivalent posttestosterongesteuerten Aufplusterns im AHV-Alter. Autoren wie ich, von beschränkter narrativer Kompetenz neigen halt dazu die eigene Sicht möglichst laut und ausführlich zur Sprache bringen…tempi passati.

Tatortig lernt man aber viel über die Menschen. Tatorte sind ja oft etwas zusammengeficktes, wie die Menschen. Allgemein tut man ja auch sonst viel dafür, um Bildung als ein anspruchsloses Angebot für Anspruchslose zu installieren. Florierende Gassenhauer, von Divertimento bis Rima, Emil bis Röbi Koller. Regressive Schrebergartisierung oft moderiert mit automatenhaftem Frohsinn.

Jack Gillenhal-Typen und Schröder-der-Erste-Verschnitte, Nahrungskettenvorsitzende mit Kinder-Gegenprogramm: ideel verballerte Jung-Asis mit Ratte..

Dagegen ist der Tatort doch schon fast eine Bildungsstätte. Da gibts, Berliner Drogenhöllen bis Münchner Villas, Jack Gillenhal-Typen und Schröder-der-Erste-Verschnitte, Männer mit Anteilen am Silicon Valley und Damen mit ebenso dicken Anteilen an Silicon. Nahrungskettenvorsitzende mit Kinder-Gegenprogramm: ideel verballerte Jung-Asis mit Ratte auf der Schulter und Unterhemden mit ohne was drüber. Gegen Ende, so 21.45 Uhr öffnet sich dann oft das dritte Auge in unserer Zirbeldrüse und wir meinen die Geheimnisse unseres Kosmos wieder zu verstehen. Zurück in die hellerleuchtete Dunkelheit unserer Sonntags-Schlappheit.

Wie der winterliche Pfau der seine Schwanzfedern in Fellinis Amarcord spreizt, meine ich dann oft montags diesen Figuren leibhaftig zu begegnen. Entweder spiele ich dann (im Manor) Monica Vitti, die in einem Antonioni Film in die Ecke zurückweicht und „non lo so“ flüstert oder (auf der GKB), auch mal Schimanski, der laut auf den Tisch haut und aus dem „Heidi“ zitiert: „Fräulein Rottenmeier sieht aus wie eine geladene Kanone“.

Ok, die Summe der Intelligenz ist eine Konstante, aber die Bevölkerung in den deutschsprachigen TV-Nationen wächst halt. Gewohnt nach über 10 Jahren Netflix, bin ich auch bestrebt eine gewisse Vieldeutigkeit auszuhalten…als vielsprachiger, multipolitischer Bündner gewöhnt man sich daran. Und ob das Gehirn in der Höhe anders funktionert als im Tal, ist auch nicht so wichtig, auf jeden Fall funktioniert es im Kopf guat. Wenn ich dann auf TV Südostschweiz Regierungsrat Parolini herangezoomt wie im richtigen Fernsehen, scharf gezeichnet sehe, beim Versuch Obama zu imitieren, der einen Kulturmenschen spielt, merke ich, dass könnte stimmen.  Bagatellen mit einem homerischen Aufwand zu schildern, liegt uns wohl.

Nach der perfekten Geburt, der perfekten Kita, der perfekten Uni, der perfekten Wohnung und perfekten Lebensläufen, nach fünfzig perfekten Ferien am gleichen Ort in der Toscana können wir uns wohl noch den perfekten Tatort gönnen. So am Siedepunkt der Langeweile, nach 12 Monaten Covid, kann man sich schon mal in schlechte Gesellschaft begeben. Da das das Leben eh nicht weiss, was es in diesen Zeiten mit uns anfangen soll. Ist eh zu kurz um das Beste aus jedem Tag zu machen. Da hat man ein Menschenrecht auf den Tatort.

„Jeder Mensch hat ein Recht auf schlechte Laune, man sollte das in die Verfassung aufnehmen.“, hat ja schon Georges Simenon vor dem Verhüllungsverbot gesagt. Ist auch beim Tatort so. Das schönste an der schlechten Laune ist, das man nachher keine mehr hat. So ein Sonntagskrimi boykottiert einfach meine sonntägliche Selbstboykottierungsschleife. Jo, somit ist auch die Fragwürdigkeit des Menschen unantastbar – wie in der Politik.

Wir Entertainment-Verwahrlosten meinen dann oft steife Formulierungen seien ein Signal für Tiefgang.

(meine überkandidelten, gedrechselten Sätze inklusive) Aber oblomovsche Trägheit oder bartlebeyeske Lähmung, hamletartiges Zaudern beim Zappen am Sonntagabend sind angesichts der Netflix-Covid-Sinnlosigkeitsbeseitigungs-Anfälle doch eher wieder erhaben top. Das können wir jetzt fast wieder unter Hochkultur ablegen. Titel, die bereits den Zuschauer qualifizieren, gibts ja nicht so oft wie bei Dostojewski: „Der Idiot“.

Nach dem Abspann ist die Gesellschaft wohl weniger zersplittert. Man denkt weniger an Krankenkassenwechsel und Verhüllungsverbot und spuckt Zuversicht auf den Riemenboden…reisst sich vielleicht eher wieder am Riemen und gerät bei Satzkonstruktionen, die mehr als zwei Nebensätze ausschwingen nicht mehr in Panik.

Selbst der plumpste Kack-Tatort ever mit viel Ausgelutschtheit bringt mich weiter. – Obwohl, vom echten Leben haben die wohl soviel Ahnung wie die SVP von der Nikab. Bei diesen Spasten und Politonanisten ist das Schlimmste was passieren kann, das nichts passiert. Und das ist ja auch nicht schlimm.

 

 

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was Thomas Mann zum WEF sagen würde…

Ich würde schon gerne wissen, was Thomas Mann über das Davoser WEF geschrieben hätte.

Adam war, nachdem er den Apfel gegessen hatte, auch nicht zu einem anderen Menschen geworden. Er war der, der er schon immer war, nur dass es ihm jetzt schlechter ging. Wie uns und dem WEF nach Corona.

Der Schwab meint, es müsse doch besser gehen, eine bessere Wirtschaft sei möglich…Das unterschreiben wir doch alle. Aber welche? Klar, er meint die wirtschaftlichen, globalen Ungleichheiten seien nun langsam zu gross. Selbst ER, meint die neoliberale Ideologie hätte sich in den letzen 40 Jahren zu stark durchgesetzt….hat er wohl recht.

Thomas Mann zum Ausgleich der Ungleichheit? „ Was sie an Qualität vermissen liess, muss sie ersetzt haben durch…Dynamik“ ergänzte Hans Castorp im Zauberberg. Doch der meinte nicht die Wirtschaft.

Okay, jetzt versuch ich den ganzen Film mal zu entwickeln (Sind mir nicht immer dieselben Sachen wichtig, die Schwab wichtig sind? )

Schwab melkt die fettesten Euter der Welt.

Für mich verkörpert er die Euphemismus-Variante der Korrumpierung der Korruption…nai, natürlich nicht so wie ein N’drangheta Mann – er ist eher der musterhaft Redliche, der…diese Schiefheiten vielleicht mit Gewinn konzertiert, natürlich auch wieder im Verein mit einer höheren Wesenheit würde T. Mann meinen. Er ist das makellos rasierte Gesicht der Macht, hat aber auch diese ins Gesicht verkleidete Bangigkeit, schaut dann oft wie ein so extrem gehudelter Mensch, so fast (…aber nur fast) eine sozialismuskompatible Papstbesuchs-Variante. Er ist ein Vordenker in einer Wirtschaftsgesellschaft, die sich im Kern vor jeder Veränderung fürchtet, die ihren Gewinn schmälert.

Mit diesen dealt er gut: Er hat gerne diese Strotzer um sich. Auf der einen Seite, die taktierenden Suits, streberhaft und getrimmt. Auf der anderen die feisten, verfetteten Arrivierten, die Trumps und Goldmann-Sachs und Blackrocks, voller Hochmut und Stumpfheit. Gesellschafts-Reflexionsverweigerer. So im Stile des Möchte-Gerne-Bundes-Wirtschaftsminister-Merz in Deutschland: „Hier draußen können Millionen gemacht werden, und deine einzige Konkurrenz sind Idioten“,

Dazu hat er etwas von jener Altmaier-Feistigkeit der Geldschwämme, der Anzugs-Verlogenheit…und netterweise auch diese Bono-Euphemismus-Ladung…Schwab unterwirft sich immer wie ein Hirsch dem Stärkeren, wenn es brunftet. Wie vor 2 Jahren bei Trump.

So kommt er mir dann oft vor wie eine Flaschenpost aus anderer Zeit.
(das hör ich dann raus: er bestellt einen Fitnesssalat, hätte aber viel lieber Bratkartoffeln mit Braten gehabt.)

Krähen seien die Businessmänner der Vogelwelt, hatte irgendeiner mal gesagt. Picken an ihren Laptops rum, fläzen sich dann in den Mercedes und meckern am Abend mit ihren klunkergeilen Damen über die Gretas…und treffen sich jährlich am WEF. Um einander später wieder die Augen auszuhacken. Fliegen jedes Jahr gegen Süden ans WEF, um erhitzte Debatten über neue Thesen zu führen, die sie nicht so richtig interessieren. Primär nur ein Gerenne und Gehetze um Aufmerksamkeit, um Hauen und Stechen und Status. –

Liege ich da wieder mal vorurteilsbehangen falsch? Mag sein, falsches Casting. Ich sollte natürlich nun Ringeltänze des Bedauerns aufführen, vor Zerknirschung den Kopf senken…soviel Wertschöpfung, die sie doch Davos bringen. – „Halte deine Vorurteile im Zaum“. Steht wahrscheinlich auf meinem Glückkeks (gratis zum Dim Sum) im Davoser China Restaurant Golden Dragon.

Ich seh’ schon Schwabs Augenbrauen eine Oktave höher steigen, seinen Bauch zieht er ein. Er doziert jetzt eine Gleichschaltungsdiät…sein Bäuchlein hat sich doch etwas angefettet. Die ganze Verletzlichkeit seiner marktwirtschaftsspeckumhüllten Existenz, mit freiwilliger Glatze und freisinnigem Sinn ist glaubwürdig. Den hält man schon wegen seiner schieren Freudlosigkeit für kompetent. Und gut, er sieht so aus, als ob er allein schon ob mangelnder Feinmotorik keiner Fliege etwas zu leide tun kann.

Fixiert auf meine Fixierungen lasse ich jetzt irgendein Schwachsinnantiliberalismusschleimscheissergelaber raus.

Aber Schwab ist Schwab. Der Täter sieht sich gerne als Wirtschaftssanitäter.

Er hat sich doch auch schon als Gretinist geoutet (mir auch recht). Der Zweck heiligt die Titel. Der liebt die Wirtschaft so, dass er am liebsten zwei davon hätte…

War ja schon immer so ein Verbalaktivist, so im Sinne: ich decke bloss den Tisch, aufgetragen wird von anderen…da kann ihm nichts passieren, das WEF ist ja eigentlich nur ein banales Geschäftsnarrativ mit fettem Leanback inbegriffen. Sieht sich als lonesome Cowboy, der in die Stadt reitet, alle Schurken und Feiglinge erledigt und dann wieder allein und fidel pfeifend in die Abendsonne reitet…Bei fettem Eintrittsgeld darf man zuschauen.

…der hat doch eher dieses Endsiegverkackt-Gefühl von seinen Vorfahren geerbt,

Was jetzt, vielleicht humpelt sogar seine Geldmachmaschine im Schleudergang? Gut, die Weltwirtschaft ist nach Corona vielleicht wie ein Mann mit Potenzangst: was ist, wenn ich ihn nicht hochkriege? Glaube ich nicht, Schwab hat doch jetzt nicht so ein Basisfeeling von Verlorenheit? Da geht man einfach nach Singapur.

Wie so ein Fallschirmspringer, der merkt dass er nur einen leeren Rucksack auf dem Buckel hat? Nai, der hat doch eher dieses Endsiegverkackt-Gefühl von seinen Vorfahren geerbt, ist doch schlau genug, um faktisch zu merken, dass da nicht mehr alles stimmt. Kein Denkvermeider. Der merkt, dass die Löscharmee für den Müll der Neoliberalen schon aus der Wirtschaft kommen muss..

 

Oder wie hätte Thomas Mann gesagt: der beutelschneiderische Geschäftsgeist des WEF-Präsidenten lässt uns in die untergehende Davoser Sonne grimassieren. Und siehe da: im „Zauberberg“ steht die Antwort… „ Er wollte Omeletten für sich und die Seinen. “ – …Das war zu wenig für das Gemüt von Leuten, deren Schicksal ausserordentliche Tröstungsansprüche rechtfertigte…“

 

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