Ab zur Chur

Es gibt klangliche Sehnsuchtsorte: Honolulu, Wladiwostock, Ouagadougou, Timbuktu, Prada…Chur kann es nicht sein.

Wir sind nicht lernfern oder bildungsfern, höchstens ab und zu intelligenzfern. Der ganze Nachwuchs geht doch in die Fachhochschule. Wenn ich bei Playmobil Neue-Toy-Entwickler wäre, würde ich eine Graubünden-Fachhochschule in der Schachtel anbieten: drei Labber-Professoren, eine Unmenge an kleine austauschbaren Schülerfiguren – dazu natürlich eine ausbaubare Schulschachtel mit Visions-Extension. Da kann man denn mit dem Stapi so House of Cards (so eine Landversion wo alle um sich selbst kreisen) spielen.

Eigentlich wollte ich einen Blog schreiben über

die Liebe des Churers zum Durchschnittlichen, zum Langweiligen, zur Schnitzel-Pommesfrites- Kultur, zu On-Schuhen, zum Skoda, zum Essen im Stern, zum Rötelitrinken , zum Maiensässhocken…

 

…lass es; ich muss da nicht unbedingt meine Wörterhorde in Gang bringen.

Guat, Bündner meinen, das Gehirn funktioniere in der Höhe anders als im Tal. (Funktioniert zwar am besten immer noch im Kopf, aber sag’ das mal einem Khurar.)

 

Zwinkersmiley.

Wenn wir die trivialsten und repetitivsten Aspekte dieses Lebens mit Bedeutsamkeit pflegen, wie es in unserer Monopolpresse üblich ist. Üblich bei den Churer Journalisten mit dem confirmation bias – die einfach bestehende Einschätzungen gerne bestätigen und immer die gleichen drei ranzigen, schlecht gewarteten Politiker anfragen…

 

So wie wenn im Stadttheater Verdi gespielt werden muss, also solche Musik, bei der man immer weiss, was als nächstes kommt, wenn man sozusagen im Voraus zuhören kann.

Darüber später. Denken wir doch alle.

Die Standartlethargie macht in dieser gemütlichen Ferienstadt mit tollem Umfeld auch Sinn. Jeder denkt hier eben, dass er ganz allein auf die Idee gekommen sei, einfach das Leben zu lieben. Wir sind eben nicht in so einer tektonischen Dehnungszone, schon gar nicht Deutungszone, wo alles wieder mal durchdacht, durchgerüttelt und gesiebt wird. Wir haben da jeder und jede so ein Gravitationszentrum. Mit so einem natürlichen Emotionspanzer.

Nullpermeable.

Wir merken auch nicht alles… das ist dann wie in der Truman-Show, der einzige Liri, der nicht kapiert, dass da ein grosses Ding gedreht wird. Das merken wir dann auch nach Olympia-Träumen, Big Air, Eventzentrum…Unser Flow kommt vom Mangel an Hirnflow.

 

Die Churer Mediokrität ist ein Alleinstellungsmerkmal höchster Güte. Ist doch was. Wir wählen Männer mit etwas zu grossen Egos und zu kleinem Tschoppen vorne an der Bauchwölbung. Sie mögen die im grossen Bild eher arschige Landversionen von Politikern sein, Partei-Avatare halt.

Meist etwas ranzig denkend, etwas zerzaust führend, geistig tradiert und vernachlässigt. Aber wir fühlen uns da nicht abgehängt vom Rudel, vom Schweizer Randrudel. Schliesslich kommen die Wölfe ja von unserem Calanda.

Unsere Demokratie-Manager sind vielleicht so von Durchschnitts-Coolness etwas gelähmte, mit etwas klebriger Menschelei behaftete… aber eigentlich entschuldbar: nicht nur ihre Syntax. Sie sind einfach vielleicht dreisprachig aufgewachsen.

Und nichts sieht mehr aus wie Graubünden in den Achtziger -oder Neunzigerjahren. Visuell haben wir aufgeholt. Bahnhof, Poststrasse, der Holy-Spirit der Olympia-Förderer hat uns im grossen Umfeld Biathlon-Zentren, neue Giganto-Seil-Bahnen und erst noch tolle Künstler wie Sachs beschert. Fühlt sich fucking guat an.

Man muss eben nicht mit der Faust auf den Tisch schlagen, wenn man irgendwie seine Finger überall irgendwo drin hat.

 

Ta daaah, singt einer. Mit dem tiefen Bass der Verfallsdiagnostik.

Kein no and buts, kein wenn und aber. Wir können uns – mit Ausnahmen – mit unserer Bedeutungslosigkeit, dem Maiensässlied und
diesem Stapi abfinden. Die Polit-Avatare, werden uns schon den Weg weisen. Mit Hinweisen auf die Blase ihres homogenisierten Milieus: FDP oder Linke, Clubhütte oder Golftrophy, Bürgerverein oder BikeTeam…

Die Frauen werden fülliger, die Autos werden fülliger, die Churer Kriminalromane werden dicker

und selbst die Mantras werden etwas überladenlastig: „Do bini dahei“ etwas melodramatisch, aber doch herzig. Wir geniessen eben das dahermalunsern und dahercapunsern.

Der Verlust „des sinnstiftenden Ursprungs als grundlegendes Problem der heutigen Gesellschaft“? Der fehlt uns gar nicht.

Bei dem Kriegsporn, den wir uns jeden Abend ansehen müssen, lernen wir ja auch, dass es doch vorteilhafter ist, das Churer Glück dem Elendsporn in Aleppo oder Ougadogou vorzuziehen.

Und, wenn Sie ein ironisches Lachen hören, dann ist es meins.

 

 

 

 

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Brülltheater

Letzte Woche waren wir wieder einmal im TAK- dem Theater am Kirchplatz in Schaan. Da viel Geld im Ländle kaufen die gerne grossartige Stücke ein. Diesmal ein kritikbejubelter „Volksfeind“ von Ibsen – inszeniert vom Top-Regisseur Kimming, Hannover, früher ein mehrfach prämierter Regisseur.

„Volksfeind“ ist die Geschichte eines Kur- und Heilbades, dass stark mit Giftstoffen belastet ist. Die Kurärztin, Schwester des Bürgermeisters, versucht die Öffentlichkeit für sich (und für eine Schliessung plus Neubau) zu gewinnen. Und kommt unter die Räder. Was ist jetzt die Wahrheit, Menschenleben gegen Wirtschafteinbussen? Viel Ruhestörung mit Personen-Clash.

Erinnert nicht zufällig an viele Gegebenheiten, von Deutschland bis Graubünden. An Woke-Bashing, Monopol-Medien oder überdemokratischen Zerschlissenheits-Sinn.

Das Zwickmühlegegrübel über unseren Planeten inbegriffen.

„Brandaktuell ist dieser 140 Jahre alte Stoff. Umwerfend.“ schrieben die deutschen Medien. Und das ist er auch.

Die Schauspieler und Anja Herden als Ärztin insbesondere spielten überzeugend kämpferisch, voller Lust und List, Klarheit und Überzeugungskraft und dann wieder mit Verzweiflung und äußerster Wut.

Also heftiger Applaus. – Bei mir kommt so ein déjavu-Grummeln.

Da brüllen und kreischen sich tolle Schauspieler die Seele aus dem Leib: Weltuntergang…

…macht endlich was gegen die Klimaerwärmung….und die gut aufgestimmten Lichtensteiner-Mittelschüler fanden das auch gut…(wir natürlich auch rein polit-ideologisch).

Die Cuteness des Ganzen jetzt abzugurgeln genügt nicht. Klar, die Welt rast im Schnellvorlauf in die Scheisse. Wer noch keine Partei hat, kauft sich eine.

Und, na ja, die NZZ lässt den stockkonservativen Martin Grichting diese Woche gegen die Klimajugend wettern: „Die Klimaschützer wollen, dass wir in Panik geraten. Damit bereiten sie den Boden für Zwang und Gewalt.“ Ziemliches Geschwurbel. (Nebenbei: Man kann sich auch seine letzten Leser noch bei den Rechtskatholischen kaufen.)

Und zum Schauspielhaus meint der Literaturkritiker derselben Zeitung:, er vermisse nicht „den ideologisch verengten, politisch eindimensionalen Diskurs“ und „das am woken Zeitgeist orientierte Erziehungsprogramm, das dem Publikum verordnet wurde…“– Das ist nicht nur zeitgeistfern sondern auch intelligenzfern.

 

Der Ausgangspunkt des Erkennens des „Volksfeindes „war bei mir aber keine wohlerwogene Meinung über den Inhalt, sondern über Theater-Regie im Jahre 2023.

War da nicht etwas eingerastet, etwas hängengeblieben, wie ein Kratzer in der Schallplatte,

der das Weiterwandern des Tonabnehmers behindert? Kimming inszeniert wie die Castorps und Peymanns der 90er Jahre: Brülltheater augenfällig…(Natürlich war ich damals ein Fan dieser Inszenierungen. So eine Art dröhnender Protestrausch.)

Als 68er, sehr alt, rege ich mich auch auf, wenn ein Teil der Menschen (vor lauter Geld) einen anderen Teil (südlicher) kaum mehr leben lässt.

Wie meine Altersgenossen vom Zürcher Geldadel, die jetzt auch die Schauspielhaus Intendanten endgültig weggebläkt haben. Auch das ist Brülltheater.

Dass der Umweltgedanke 40 Jahre so erfolgreich die Karriereleiter hinabgeklettert, abwärts gesunken ist – mit Hilfe einiger „bürgerlicher“ Untergangsschreier gegen die erneuerbaren Energien. Blödianer ! Das Projekt „Rückschritt“ war denen immer ein Anliegen.

„Der Moment des Scheiterns ist der Moment, indem man mit der Realität in Kontakt kommt.“ (ist vom Philosophen Thomas Metzinger) Das ist wohl der Moment als Putin sowas wie „Krieg“ gebrüllt hatte und bei uns die Wohnungen auf 18 Grad gedreht wurden.

Die Welt hat sich geändert. Die Welt der spielbaren Weltenrettung hat sich geändert. Auch im Theater. Europa und die USA beschlossen am gleichen Tag als wir im TAK waren, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern. Klar, zupfen an unseren Mitleidsseiten ist angebracht.

Guat, bei fortschreitendem Alter ist gleiche Leistung eine Steigerung kann man vielleicht auch für Regisseure behaupten.

Da kann man auch ein Stück mit viel Energieaufwand schlaff machen.

 

Wie das so ist mit unserer Generation, die meisten sind sich (sabbernd) erinnernde Theatergänger: Ja, der Besuch der alten Dame, gell, das war noch…Ich bin aber eher ein Gegenwartsnarr…finde die Diskussion um die Qualität des Schauspielhauses Zürich so obsolet, wie heute noch über Blochers Anti-Europa-Exzess im 1992 zu reden. Neoliberale Züriberg-Pädagogik genügt da nicht. Wer sich mit Buchhaltern ins Bett legt, erntet halt nur Zahlen. Die Jahresrechnung genügt nicht fürs Verstehen.

Vielleicht sollte man auch über Alterslimite und das Pensionierungsalter der grauen Zürcher Bildungsbürger (also die, die die nicht mehr ins Schauspielhaus gehen wollen) reden…Man weiss ja, es gibt furchtbar gebildete Menschen, die grandios dumm abschneiden.

 

Eine heutige grandiose Inszenierung wie das neue Stück von Elfriede Jelinek „Sonne, los jetzt“

(auch im Schauspielhaus), hat zwar dieselbe Klima-Skandal-Basisaussage, ist aber sowas von weiter als diese Kimming-Nummer mit dem Pseudo-Friday-for-Future Geschreie und zeitgemässer Anbiederung an die Jugend.

Aber in Schaan haben sie tüchtig geklatscht (neben mir ein HSG-Professor.) Die neoliberale Verdrängungs- und Verwirtschaftlichungs-Institutionen polarisieren zwar in unseren ländlichen Kreisen noch nicht, schleichen sich aber auch schon ins Theater.

Sie wollen halt auch wie die Economie Suisse die Wirtschaftsstrategie „vorhersehbar und planbar“ machen. – Als gewöhnliche Unterhosenträger und NZZ-Leser haben wir eben immer mehr dieses vage Gefühl: „was ist , wenn ich ihn nicht hochbekomme?“ Da nützt bekanntlich aber brüllen nicht viel.

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Robitexte: wie Robidogs?

Heute meine Wortklaubereien zu Wortklauereien.

„ ChatGPT DREI, SAG MAL, SIND POLITIKER-KOLUMNEN  ALLES ROBI-TEXTE?“

Keine vernünftige Antwort. Aber meine Antwort heisst NEIN. Die werden zwar schon von fremden Schreibern geschrieben und sind  auch alles stereotype Texte. Hohlwangig und dumpfbackig gleichzeitig.

Heute reden wir aber von ChatGPT 3 – der Hype Maschine. Diese künstlichen intelligenten Systeme sollen teilweise exzellente Prosa schreiben.

Die einen überschlagen sich vor Ehrfurcht. Die anderen sind skeptisch.

Dieses Programm ist wie eine Suchmaschine im Dialogstil, auch bekannt als Chatbot. Der Bot wurde mit öffentlich zugänglichen Daten gefüttert, datiert bis 2021, und antwortet als Nachricht. Von Liedertexten und Rezepten bis hin zu journalistischen Genres und Blogbeiträgen kann der Bot so ziemlich alles schreiben.

Und wenn er eine 500 Wort-Story im Sinne von Hemingway brünzeln muss, kommt da Verblüffendes hervor.
Die Fans sind berührt, wie so ein Ding aus einer hinreichend grossen Datenmenge vortrainierter Algorithmen eine Wörterfolge „sinnvoll“ extrapolieren kann.

Das kann dann auch funny wirken, wenn diese Programme
…mit grossem Selbstbewusstsein falsche, ausufernde Dinge von sich geben. Aber da sind wir ja nicht nur von Politikern trainiert worden.

Ich kenne ChatGPT nicht so grossartig. Aber die Zeit der großen Deutungsversuche mach ich gerne mal mit. Die Kritiker schreiben, dass der Roboter nicht schreibt, eher schwafelt. Er ist ja eine statistische Maschine, keine semantische.

Guat, da kann ich nun mitreden. (Vielleicht nicht so in Sekundenschnelle wie unser Robi.)

Von Roland Barthes haben wir (1968 schon) gelernt, dass „ der Tod des Autors“ vorhersehbar sei.

Der Output des Einen ist der Input des Nächsten…eine Vielzahl von Ghostwritern sei an so einem Text beteiligt.

Guat, Barthes hat schon bemerkt,

…dass das Gegenteil von gut schreiben sei heute nicht schlecht schreiben, sondern einfach schreiben.
Der hat die neue Journalisten-Baisse vielleicht schon erahnt.

Ja klar, sobald wir mit einer grossen Menge an Daten und Informationen zu tun haben, kann die Arbeit auch von einer künstlichen Intelligenz unterstützt werden. Im Bereich der Finanzen oder des Marketings kann KI schneller auswerten und analysieren als ein Mensch.

Flashback eines alten Sürmels: Meine erste Stelle als Wirtschaftsberater hatte ich in den 70 er Jahren, Entwicklung von Entwicklungskonzepten in Berggebieten. Gekündigt hatte ich nach gut einem Jahr, als ich feststellte,

…dass in besagtem „Büro für Wirtschaftstudien“ unsere ersten Textmodule einfach bei allen Regionalstudien kopiert wurden.

Man hat einfach die Zahlen ausgewechselt. Manchmal wurde sogar vergessen, die Regionalnamen auszuwechseln. (Das passiert den Robis nicht) So stand dann halt in der Toggenburger Studie auch mal „Schanfigg“ oder „Prättigau“. Und das zu Zeiten von IBM-Kugelkopfschreibmaschinen.

 

Und dann im Marketing: in den 90er Jahren waren es die Unternehmensleitbilder. (Da hab’ ich einige mitgestaltet.) Resultat: Nach 10 Jahren eine Fülle von Textbausteinen, die man dann abschreibt. Wenn man die aber nur abschreibt, kommen da noch keine Erfolgsgeschichten raus.

Das sind ja nur Simulationen; auch der Robi funktioniert so, er kann nicht schreiben oder räsonieren – er tut nur so.

(nur soll es heute sehr schwer sein, zu beurteilen ob so…) Bei vielen dieser Leitbilder in den 90ern war’s stereotype Abschreibe. So als Management-Simulations-Bestätigungs-Gschichtli für Politiker-Ohren.

 

Mein Kunde, die RE Power wollte, zu Beginn der 2000er Jahre unbedingt auch so ein Leitbild. Dem Verwaltungsrat, meist ausgediente Regierungsräte (immer zwei Schritte zu spät, würde der Arno sagen…), habe ich beizubringen versucht, dass diese Leitbilder einigermassen „out of time“ seien.

Aber wenn sie zur Beruhigung es so möchten, könnte ich Ihnen sowas formulieren (ich kannte ja aus den workshops ihre Prioriäten, Ziele und Wünsche..) – und das alles für Fr. 1000. Gesagt, getan. Der CEO beglückwünschte mich zu meinem Textentwurf: „Das ist ja zu 90 Prozent perfekt… nicht so eine billige Leitbildkopie ohne Referenzialität.“

Aber der Herr Verwaltungsratspräsident, ein ehemaliger SVP-Regierungsrat und ehemaliger Ems-Chemie Direktor, wollte das schon properer. Er engagierte für über Fr. 50’000 dann eine HSG-Crew, die ihm nach einem halben Jahr standesgemäss ein Schubladen-Leitbild ablieferte.

Gemäss späteren Leidtragenden war ja auch das Leidbild nicht so wichtig.

Man kann sich auch sauteuer und pompös dafür mit steifer Gekonntheit von jeder Authentizität verabschieden.

 

Nur, fehlt dann eben das Quentchen Empathie, Souplesse, Textcharisma, Tonalität…die Kraft dieses Unsichtbaren.

So wie einzelne Musiker zwar die richtigen Noten tüpfen, aber, ohne Rhythmusgefühl. Wie ein mechanisches Klavier.

Aber das passt vielleicht zu unserer Zeit. Worte schälen sich oft von Fakten…

Plötzlich angenehme Wortbefindlichkeiten kann man nicht konstruieren. Guat, irgendwelchen spontane, sprachästhetische Flow-Zustände kann man von den wenigsten erwarten…bei dem, was sie lesen.

Zum Beispiel das Thomas-Mann-Tagebuch erlebt gerade ein Revival. Der Literaturwissenschafter Felix Lindner postet auf Twitter jeden Tag ein Notat des Meisters. 29’000 Follower. Thomas Mann daily. „ Den ganzen Tag angewidert“, eine dieser Kurzfutter-Notiz brachte es doch auf 107’000 Clicks. Strange.

Empfindungshochstapeleien sind doch schwierig. So etwa, wie wenn die Bündner-Woche-Praktikantin „Kontemplative Waldeinsamkeit“ zu beschreiben versucht. Tönt dann eben auch wie die BüWo-Lehrtochter.

Guat, bei all den 100’000 Schrott-Büchern die jährlich auf den Markt geworfen werden… kann man natürlich sagen: „Jedem das Seine“.

 

(Meine Kollegen am Seniorenstamm sind auch beleidigt, wenn ich bemerke, dass wer diese schlechten Bestseller-Gurt-Krimis lese, doch viel über sich aussage…)

Erstaunlich was in diesen Pathopornografie-Verkaufsgeilomaten alles zu einer Sales-Renner-Geschichte gewringt werden muss.

Rezept: die trivialsten und repetitivsten Aspekte dieses Lebens erscheinen mit Bedeutsamkeit.

 

Intersubjektives Verständnis ist der Schlüssel zu einem fragmentierten Marketing. Für jeden was zum Mitschunkeln. „Hodiodioooodiooodie Hodiodioooodiooodie Hodiodioooodiooodie“ heisst der Schlager-Hit von Gabalier. Da schmelzen wir doch vor unkopierbarer Dahingerissenheit..

Um es mit Adorno zu formulieren: Die Leute benehmen sich wie Kinder, die immer wieder nach der einen Speise verlangen, die man ihnen einmal vorgesetzt hat.

Es ist das Schnitzel-Pommesfrites-Prinzip der Populärkultur, wenn man so will.

Oder für jeden ein Häppli genügt auch…

 

Das ist dann so wie wenn ABBA (nix gegen die) gespielt wird. Musik also, bei der man immer weiss, welcher Akkord als Nächster kommt, und der man sozusagen im Voraus zuhören kann.

 

Über all die Bücher, die ich in den letzten fünf Jahren gelesen. (Ich durchlese so meine drei bis vier Bücher pro Woche) führe ich seit 10 Jahren ein jährliches BOB – mein Buch der Bücher (book of books). Da sind meine Notizen, Wertungen, besondere Formulierungen herausgestrichen. Das sind so meist so 150’000 Zeichen pro Jahr. Also schon bald 2 Millionen Zeichen-Fundus…meine Datensammlung! Kombiniert mit guter Schreibe könnte das wohl den Robi schlagen!

Bei uns lesen immerhin 95 % nix, keine Bücher. Und von den 5 Prozent, die lesen, lesen achtzig Prozent Bestseller. (Nebenbei: da bleibt also noch etwa 1 Prozent, die nicht irgendwie marketinggedrechselt sind..)

Zur Beruhigung : New York City hat ChatGPT in den Schulen bereits verboten, weil Lehrpersonen nicht mehr unterscheiden können, ob eine Arbeit vom Schüler oder von der KI geschrieben worden ist. Ob Hausaufsatz oder Maturaarbeit, Schulen befürchten, dass die Schüler künftig zurücklehnen und die KI für sich arbeiten lassen.

 

Aber vielleicht genügt Michael Köhlmeiers Buch „Lenobel“…:
Um Paroli zu bieten, müsse man

„…nur ein bisschen gebildet erscheinen, mehr sei nicht nötig, und erscheinen genüge völlig.“

Das haben die Robis wahrscheinlich auch mitgekriegt. Die Robi-Texte sind  auf jeden Fall nicht wie Robidogs. Sie entsorgen nicht nur Shit.

 

 

 

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